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Wien

Bedrohte Feldhasen

In den vergangenen 100 Jahren gingen die Bestände von Feldhasen europaweit massiv zurück. Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass der Lebensraumverlust dabei eine Schlüsselrolle spielt. 

Die Akademie unterstützt daher ein Feldhasenprojekt unter der Leitung von Prof. Dr. Walter Arnold, ehemals Universität Wien

 Was er darüber sagt: 

„Durch die Intensivierung der Landwirtschaft sowie die damit verbundene Feldflurbereinigung und zunehmenden Schlaggrößen kam es zu einem erheblichen Verlust von Feldrainen und Brachflächen. Dadurch haben die Feldhasen nicht nur Deckungsmöglichkeiten verloren, sondern auch die Pflanzenarten, die sie durch deren spezifische Nährstoffzusammensetzung vor allem für erfolgreiche Reproduktion brauchen. In den letzten Jahrzehnten stieg zusätzlich der Maisanbau in Europa an. Die Maispflanze bietet den meisten Energieertrag pro Quadratmeter Anbaufläche und kann sehr vielfaltig verarbeitet werden, wie zum Beispiel für Biogasgewinnung, Viehfutter, Zucker- und Stärke-Produktion. Der Hauptnachteil des Maisanbaus ist, neben der Beeinträchtigung der Pflanzenartenvielfalt in der Feldflur, die Minderwertigkeit der Maispflanze als Nahrungsquelle für Wildtiere. Schon seit mehreren Jahrhunderten sind die negativen Auswirkungen von Mais als dominierende Nahrungsgrundlage bekannt. Es kommt dann durch eine Unterversorgung mit Niacin (Vitamin B3), zu Symptomen wie Hautauschlägen, Diarrhöe, Depression und Aggression, die in der Humanmedizin als „Pellagra-Krankheit“ bezeichnet werden. In der Veterinärmedizin ist die Niacin-Mangelerkrankung als „Black Tongue Disease“ bekannt.

 Um mögliche negative Auswirkungen von einer maisdominierten Diät auf den Reproduktionserfolg bei den Feldhasen zu untersuchen, haben wir uns entschlossen eine Feldstudie und ein Fütterungsexperiment parallel durchzuführen. Für die Feldstudie haben wir im Jahr 2020 jeweils 10 adulte, bei regulären Jagden erlegte Häsinnen aus verschiedenen Jagdrevieren mit einem hohen Anteil an Maisanbauflächen gekauft. Unmittelbar nach dem Erlegen wurden Blutproben durch Herzpunktion gewonnen und eine Blutzuckermessung durchgeführt. Nach einer ausführlichen pathologischen Untersuchung wurden Leberproben entnommen und deren Niacingehalt mittels Gaschromatographie bestimmt.

 Das Fütterungsexperiment führen wir mit unserem seit vielen Jahren am Institut vorhandenen Feldhasenzuchtbestand durch. Die größte Herausforderung war dabei, ein Futterpellet zu entwickeln, das nur wenig Niacin enthält, aber dennoch von den Feldhasen gerne aufgenommen wird und sie mit allen sonstigen erforderlichen Mikro- und Makro-Nährstoffen ausreichend versorgt. Gleichzeitig musste die Futtermischung pelletierbar sein. Nach mehreren gescheiterten Versuchen, ein formstabiles Pellet zu produzieren, gelang mit einer Mischung aus geschredderten, ganzen Maispflanzen, Sonnenblumenöl, Luzernemehl, Gelatine als Proteinquelle und Bindemittel ein erster Erfolg. Als maßgebliche Proteinquelle verwendeten wir Gelatine, um auch den Tryptophangehalt niedrig zu halten, denn aus Tryptophan kann der Organismus Niacin synthetisieren, wenn zu wenig Vitamin-B3 mit der Nahrung aufgenommen wird. Für die Fütterung der Kontrollgruppe wurde diesem Pellet Niacin in ausreichender Konzentration beigefügt. Leider haben unsere Feldhasen dieses Pellet sehr schlecht angenommen und selbst die Kontrollgruppe nahm so stark an Gewicht ab, dass wir diesen ersten Versuch abbrechen mussten.

 Für den nächsten Ansatz entschlossen wir uns, auf die teure Produktion eines Pellets durch einen kommerziellen Anbieter zu verzichten und ein geeignetes Futterpellet selbst herzustellen. Dazu schafften wir mit der finanziellen Unterstützung der Akademie für Zoo- und Wildtierschutz im Frühjahr 2020 eine Pelletierpresse an. Damit hatten wir die Möglichkeit, kleine Chargen schnell zu produzieren und ihre Akzeptanz durch unsere Feldhasen zu testen. So kamen wir in kurzer Zeit auf eine erfolgreiche Rezeptur. Für die jetzt verwendeten Pellets werden kommerziell erhältliche, pure Mais- und Luzernepellets (Agrobs) zermahlen und mit Erbsenproteinisolat, Sonnenblumenöl und Melasse vermischt. Diese Masse wird dann homogenisiert und pelletiert. Diese Pellets werden von unseren Feldhasen sehr gut angenommen. Dadurch haben wir die Möglichkeit den Niacingehalt experimentell zu manipulieren und können gleichzeitig andere negative Auswirkungen der experimentellen Fütterung ausschließen.

Das Fütterungsexperiment hat ein Crossover Design. Im ersten Schritt war unser Ziel, potenzielle Veränderungen im Körpergewicht und den Niacinwerten im Blut zu untersuchen. Dazu hatten wir 20 adulte Häsinnen im Versuch, aufgeteilt in zwei Gruppen. Die Testgruppe bekam das oben beschriebene Pellet. Unsere Kontrollgruppe bekam das gleiche Pellet, jedoch ergänzt mit der Menge an Vitamin B3 in Form von Nikotinamid, welche in der Literatur für Hasenartige empfohlen wird. Zu Versuchsbeginn wurde allen Häsinnen eine Blutprobe entnommen. Nach 4 Wochen erfolgte eine weitere Blutabnahme und anschließend wurden die Futtergruppen getauscht. Nach vier weiteren Wochen erfolgte die letzte Blutabnahme.

Diese Blutproben werden bis Ende März in unserem Chemielabor ausgewertet sein und zeigen, dass wir eine Niacindefizienz erzeugen können, ohne gleichzeitige Körpergewichtsabnahme. Letztere muss vermieden werden, um die erwartete, geringere Fortpflanzungsleistung eindeutig dem Niacinmangel zuordnen zu können. 

 Ab März 2021 werden, bei Fortsetzung des Fütterungsversuchs, die Häsinnen verpaart. Das Hauptmerk liegt dann auf der Reproduktionswahrscheinlichkeit und der Überlebensrate der Nachkommen in der Niacin-defizienten Gruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe.“ 

Kontakt

Akademie für Zoo- und Wildtierschutz e.V.
Erlinger Höhe 14
82346 Andechs - Germany
Telefon +49 (0) 151 74489223
E-Mail Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.

Über uns

Die Akademie unterstützt als gemeinnütziger Verein Tier-, Natur- und Artenschutzprojekte weltweit und generiert sich aus Spenden, die steuerlich absetzbar sind. Wir wollen dadurch auch bedrohten und in Not geratenen Tieren helfen, die finanziell nicht abgesichert sind.